Agency Story #27 – Mental Health First Aid
Shownotes
Von LinkedIn in den Kursraum: Erste-Hilfe-Kurs für mentale Gesundheit
Psychologie für Laien und Interessierte: Krankheitsbilder verstehen und Anzeichen erkennen
Zwischen HR-Abteilung und Klassenzimmer: Einsatzmöglichkeiten für die psychologische Ersthelferin
Erste Hilfe: Die Überbrückungshilfe bis das Fachpersonal eintrifft
Reagieren im Worst-Case: Das ROGER-Prinzip
Ein offener Abreitsplatz: Die Schaffung eines Raums mit psychologischer Sicherheit
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Miriam Rupp: In unseren Agency Stories schauen wir regelmäßig hinter die Kulissen unserer Agentur. In dieser Folge bringt uns Rebecca einige spannende Erkenntnisse mit, die sie in einem Erste-Hilfe-Kurs für psychische Gesundheit gesammelt hat. Viel Spaß beim Hören.
Miriam Rupp: Und wir sind wieder live. Herzlich willkommen, Rebecca, schön, dass du dabei bist.
Rebecca Schneider: Danke, hi.
Miriam Rupp: Du hast ein ganz tolles Thema mitgebracht, und zwar Erste Hilfe bei psychologischer Gesundheit, hast du mir gerade gesagt, oder ganz denglisch „Mental Health First Aid”. Und genau, du hast nämlich vor einer Weile einen Kurs dazu gemacht und vielleicht kannst du uns ein bisschen erzählen, wie es dazu kam, was du da so gelernt hast und was ein psychologischer Ersthelfer, eine Ersthelferin ausmacht.
Rebecca Schneider: Ja, gerne. Ich bin tatsächlich eher zufällig darauf gekommen, weil ich das bei irgendjemandem auf LinkedIn gesehen habe, dieses Zertifikat von Mental Health First Aid Ersthelfer. Und ich fand das total spannend. Ich habe ja Psychologie und Soziologie im Bachelor studiert und hab eh so ein Interesse dran, so menschenzentrierte Arbeitswelt und dass es allen gut geht und so. Und ich fand es dann total spannend, in dem Kontext sozusagen mein Wissen auch nochmal aufzufrischen und auch zu schauen, wie kann ich das zum Beispiel im Arbeitskontext gebrauchen. Also wie kann ich mich sozusagen wappnen. Und dann habe ich diesen Kurs gemacht, den gibt es digital und auch in Person. Ich habe das in Person gemacht, einfach weil ich so lieber lerne und besser lerne. Und es war total toll. Es waren auch ganz unterschiedliche Menschen da. Ich glaub, das trifft's schon gut. Also, das ist für jeden und jede. Weil es darum geht, als Laie ein besseres Gefühl dafür zu bekommen, wie eigentlich unterschiedliche Krankheitsbilder aussehen können. Das ging zum Beispiel Depressionen, um Angststörungen, aber auch zum Beispiel Suchterkrankungen, so Richtung Alkohol oder auch Glücksspiel oder auch Psychosen. Also so die größten, bekanntesten, allgemeinsten Bilder sozusagen. Genau, und da haben wir sehr viel gelernt. Erstmal, wie erkennt man sowas und am Ende auch, wie kann man als Laie eben vielleicht damit umgehen.
Miriam Rupp: Und wir können ja vielleicht nachträglich nochmal verlinken, wenn du da auf LinkedIn darauf gestoßen bist, dann kann man ja auch ein paar Quellen dazugeben. Du hast ja gerade gesagt, da waren sehr, sehr unterschiedliche Leute da. Haben die das teilweise auch aus privatem Interesse gemacht oder war das schon überwiegend aus unternehmerischer Perspektive?
Rebecca Schneider: Also die meisten hatten berufliches Interesse, gar nicht unbedingt Unternehmer, so wie Lehrkräfte dabei, die gesagt haben, hier gerade nach Pandemie Und wie kann ich eigentlich damit meinen Schülerinnen und Schülern besser umgehen und Anzeichen erkennen? Es waren genau Leute, die einfach gesagt haben, ich hatte mal einen Fall in meinem privaten Umfeld und möchte jetzt gerne mehr lernen oder mich fürs nächste Mal besser vorbereitet fühlen. Es gab auch Menschen aus Personal, HR-Abteilungen, die so Verantwortung haben oder Führungsverantwortung. Oder auch eine Coach war da, die sowieso mit Menschen arbeitet und da ihr Wissen noch mal vertiefen wollte, also sehr unterschiedlich auch von der Altersspanne. Ich war vielleicht mit die Jüngste und dann aber so alles im berufsfähigen Alter, sag ich mal, war vertreten.
Miriam Rupp: Ja, das ist total spannend zu hören, weil ich denke, wenn man so in seiner Bubble irgendwie die ganze Zeit bleibt, dann kriegt man ja gar nicht mit, wie du sagst, an der Lehrkräfte etc., was sie auch für Challenges in dem Bereich haben. Aber jetzt ist so ein Kurs, ich glaube, der ging über zwei Tage, richtig?
Rebecca Schneider: Ja, zwei oder drei Tage.
Miriam Rupp: Das war ja auch recht intensiv, was du ja gerade schon ein bisschen angedeutet, was da so auch besprochen wurde. Was denkst du dann aber so, was kann so ein Kurs bieten, was ist es aber auch nicht? Es ist ja nicht eine therapeutische Ausbildung sozusagen. Also was ist so für dich so mitgenommen, was es jetzt wirklich dir bringt?
Rebecca Schneider: Genau, also das ist eigentlich ... Man kann dieses Wort Erste Hilfe super übertragen. Also, wenn man so einen physischen, körperlichen Erste-Hilfe-Kurs macht, ist das sozusagen auch die Überbrückung, bis Fachpersonal anwesend ist und sich kümmern kann. Und so ist das eigentlich auch gedacht. Also, für Laien erst mal proaktiv Anzeichen erkennen. Und dann Gesprächstrategien lernen. Also, wie kann man den Gesprächseinstieg schaffen, was sind wichtige Punkte, die man beachten sollte. Also zum Beispiel, dass man offen ist der Person gegenüber und nicht schon so judging, aber auch, dass man im Hinterkopf behält, was ist jetzt vielleicht auch eine akute Gefahr, wenn eine Person selbstgefährdendes oder vielleicht sogar suizidales Verhalten zeigt und dann eben auch so im Hinterkopf zu haben, was wir haben das alles auch nochmals Listen und so bekommen, was sind Stellen, wo kann ich mich melden, wann ist es vielleicht sogar geboten, den Notruf zu wählen, dass es immediat jemand kommt.
Miriam Rupp: Hast du vielleicht einfach so als kleinen Appetizer oder auch als bisschen Wissenstransfer, hast du vielleicht was mitgebracht? Eine Methodik oder eine Gesprächsstrategie, was du gerade angedeutet hast, die du direkt mal so weitergeben kannst?
Rebecca Schneider: Also es gibt das sogenannte Roger-Prinzip, also wie der Name, das kann man hinterher auch, das findet man bei Google. Das sind die Buchstaben, an denen man sich sozusagen entlanghangelt. Also R zum Beispiel für reagieren. Es ist eigentlich immer besser, im Worst-Case falsch zu handeln, als gar nicht zu handeln. Gerade wenn eine Person vielleicht, ja so Richtung Selbstgefährdung geht. Weil wir haben anfangs auch Zahlen bekommen, und die sind total erstreckend, wie häufig eigentlich Menschen versuchen, sich zu suizidieren. Und wie häufig es dann auch tatsächlich im Tod endet. Dann genau dieses Hauptsache reagieren, dann erst mal dieses Unvoreingenommen, offen zu sein, Hilfe anzubieten, sozusagen die Person zu ermutigen. Ich hab immer die englischen Wörter im Kopf, zu encouragen. Es gibt Unterstützungsangebote. Und dann auch verschiedene Formen von konkreter Hilfe anzubieten. Also entweder zu sagen, gerade vielleicht bei Depressionen fallen ja schon Alltagsaufgaben teilweise schwer, dass man praktische Hilfe anbieten kann und sagen kann, hey, ich geh zu diesem Termin mit dir gemeinsam. Oder soll ich dir andere Unterstützungsangebote raussuchen? Soll ich dir helfen, den Psychotherapeuten die Therapeutin anzurufen. Ähm, genau so was. Und dann das Letzte eher so sozusagen nicht aufzugeben, auch dran zu bleiben und vielleicht noch mal nachzuhaken. Oder Ressourcen von denen man weiß, die sind hilfreich. Es gibt ja tatsächlich Bewegung, ist gut, also förderlich. Gerade bei so leichteren depressiven Symptomen. Nicht, wenn man von einer schweren Depression spricht, auch einfach zu sagen, hey, wollen wir eine Runde spazieren gehen? Willst du einfach ein offenes Ohr haben? Also genau, ich würde sagen, das ist jetzt gar nicht so was Abgefahrenes und Spezifisches, sondern vielleicht das, wo man intuitiv sowieso sagen würde, ja, klingt total logisch, dass man das so machen sollte.
Miriam Rupp: Aber es ist ja trotzdem auch nochmal schön zu hören, dass es sozusagen ermutigt wird, auch darauf einzugehen. Und ich glaube, da gibt es halt viele Bedenken, die man vielleicht persönlich hat, ob man sich da einmischen sollte oder ob man vielleicht das falsch einschätzt oder ob das irgendwie angemessen ist. Also das ist ja so, dass es auch wahrscheinlich erwiesenermaßen sinnvolle Maßnahmen sind, die jeder Einzelne im Alltag dann auch so anwenden kann. Ich fand es spannend, dass du es machst, weil man denkt nicht so viel nach. Aber natürlich ist jede mentale Gesundheitsstörung oder Depression oder so etwas, das man im Arbeitsalltag begegnet bekommt. Auch wenn viele versuchen, das noch zu verstecken im Arbeitsalltag, was ja auch nicht so der gesunde Ansatz ist, sozusagen. Deswegen fand ich das voll toll.
Rebecca Schneider: Das war auch ein Learning, was ich rausgezogen habe, dieses jeder kennt mit Sicherheit jemanden, der irgendwann mal betroffen war. Das muss nichts Schweres gewesen sein, aber dass ein Drittel der Erwachsenenbevölkerung innerhalb eines Jahres mal eine eine Form von psychischer Erkrankung durchläuft. Ja, es sind gar nicht so wenige Menschen.
Miriam Rupp: Nein, auf keinen Fall. Es hängt ja auch von unterschiedlichen Phasen ab im Leben, auch wenn man jetzt adultet sozusagen, oder auch mit Familien und so weiter. Corona war da ja auch noch mal ein großer Katalysator, wenn man so sagen möchte, darüber zu sprechen, aber auch natürlich viele Leute, die da langfristig Gepäck auch mitgenommen haben. Das ist auch nochmal so ein Anlass. Wir hatten ja beim Mashup nach Corona 2021, auch für uns so definiert mal, für ein Jahr, aber ich glaube auch, dass es generell, dass wir Gesundheit als KPI in den Mittelpunkt gestellt haben und darum herum auch nochmal Maßnahmen und Benefits usw. Deswegen fand ich das auch nochmal ganz spannend, weil man natürlich nicht zuerst an mentale Gesundheit denkt, sondern vor allen Dingen nach Corona erst mal auch so ein bisschen wieder die physische Gesundheit. Deswegen sind wir wahrscheinlich jetzt als Unternehmen so ein bisschen langweilig, darüber zu diskutieren, weil ich glaube, wir haben jetzt nicht so viele Bausteine unbedingt, Aber vielleicht können wir noch mal kurz darüber sprechen, was du denn denkst oder deine Erfahrungen auch sind, wie man als Unternehmen ein Umfeld schaffen kann, in dem mentale Gesundheit Raum hat? Oder auch, wenn es einem mental eben nicht so gut geht?
Rebecca Schneider: Ich glaube, das hat vor allem zwei Ebenen. Also einmal die individuelle Ebene, dass man einzelne Mitarbeiter auch ermutigt, selbst sozusagen ihre Bedürfnisse kennenzulernen. Weil erst, auch wenn ich weiß, was brauche ich für ein Umfeld, wann geht es mir gut, Welche Grenzen muss ich auch setzen, damit ich psychisch gesund bleibe? Erst, wenn mir das klar ist, kann ich das auch umsetzen. Ich persönlich hab ganz viel rumexperimentiert, wann ich wie gut arbeite. Einfach so mal meine Kommunikationskanäle hier ausschalte. Das sind so Kleinigkeiten. Und dann genau übergeordnet als Unternehmen, wie schaffe ich psychologische Sicherheit? Also habe ich einen Raum geschaffen, in dem Fehler passieren dürfen, indem man die einfach gemeinsam reflektiert? Es ist menschlich, es passiert sowieso, nur wie geht man damit um. Ob Kritik erwünscht ist, hat man ein Umfeld, in dem das produktiv sozusagen ausgehandelt wird. Ja, und wie, also kann ich mich sozusagen auch als Menschen zeigen und vielleicht von privaten Struggles erzählen. Einfach so als Raum-Setting sozusagen, das und das ist bei mir gerade los. Ich habe aktuell ein ganz persönliches Beispiel. Es gab vor ein paar Wochen einen Todesfall in meiner Familie, was natürlich eine belastende Situation ist. Und ich konnte mich einfach an mein Teamlead wenden, habe gesagt, hey das und das ist Sache. Ich habe mein Team informiert und konnte da ganz offen und ehrlich sagen, hey mir geht es gerade nicht gut, das und das ist passiert, bitte geht einfach normal mit mir aber habt irgendwie Rücksicht, dass ich vielleicht gerade nicht die höchste Leistungsfähigkeit oder so habe. Und ich glaube, das kann man auf ganz viele Situationen anwenden, wie einfach, wie der Raum so ist und wie mit Individuen als ganzer Mensch umgegangen wird. Und ich glaube, dadurch kann sich ganz viel von alleine sozusagen lösen, wenn man nicht einzelne Teile von sich verstecken muss.
Miriam Rupp: Sehr schön. Das ist doch ein runder Abschluss. Weil ich glaube, wir verlinken einfach noch mal zu dem Kurs. Und vielleicht inspiriert es ja noch mal, die eine oder andere Person aus unserem Netzwerk sich damit auch zu beschäftigen. Und dann ist ja auch schon einiges getan wieder. Aber ja, vielen Dank, dass du uns noch mal kurz ein paar Einblicke gegeben hast. Und ja, lass uns dann weiter daran arbeiten, genau dieses Umfeld zu schaffen.
Rebecca Schneider: Machen wir. Danke dir.
Miriam Rupp: Ciao.
Miriam Rupp: Hey, dir hat unsere aktuelle Podcast-Folge gefallen? Je nachdem wo du sie gehört hast, lass uns doch ein Sternchen, ein Like, ein Kommentar oder eine Empfehlung da. Vielen Dank und bis zum nächsten Mal!
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